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Lili Collas Gutmann, 2005, Foto: Michael Jurk

Lili Collas Gutmann, 2005, Foto: Michael Jurk

Die Eugen-Gutmann-Gesellschaft trauert um Lili Collas Gutmann 

Am 29. Januar 2020 ist Lili Collas Gutmann im Alter von 100 Jahren in Florenz verstorben. Lesen Sie hier einen ausführlichen Nachruf.

 

 

 

 

Lili Collas Gutmann
17. Juli 1919 - 29. Januar 2020

Ehrenmitglied der Eugen-Gutmann-Gesellschaft seit 2002

Lili Vera Collas Gutmann, geboren am 17. Juli 1919 in Leiden, ist am 29. Januar 2020 im Alter von 100 Jahren in Florenz verstorben.

Ihr Vater, Friedrich Bernhard Gutmann, war der jüngste Sohn des Dresdner Bank-Gründers Eugen Gutmann. Ihre Mutter Louise stammte aus der Familie Landau, die sich vor 150 Jahren an der Errichtung der Commerzbank beteiligt hatte.

Nach einer behüteten, großbürgerlich geprägten Kindheit, die sie mit ihren Eltern und dem fünf Jahre älteren Bruder Bernhard auf dem Familiensitz „Bosbeek“ in Heemstede bei Haarlem (Provinz Nordholland, Niederlande) verbrachte, heiratete sie kurz nach ihrem Schulabschluss 1938 Franco Bosi. Sie siedelte in die Heimat ihres Mannes, die Toskana, über, wo sie bis zu ihrem Tod gelebt hat und wo ihre drei Kinder Enrico, Lorenzo und Louisa bis heute leben.

Lili Gutmann lebte in Italien zunächst unbehelligt von der Verfolgung der Nationalsozialisten. Als jedoch im Jahr 1943 die Deutsche Wehrmacht in Italien einmarschierte, musste sie sich mit ihren drei kleinen Kindern verstecken. Sie erlebte das Kriegsende in der ländlichen Gegend der Maremma, in der Nähe des malerischen Örtchens Massa Marittima. Bis kurz vor ihrem Tod hat Lili Gutmann in dieser Gegend regelmäßig die Sommerwochen verbracht und dort im Kreise der Familie ihre Geburtstage gefeiert.

Ihre Eltern Friedrich und Louise überlebten den Krieg nicht. Sie waren zunächst auf ihrem Landsitz „Bosbeek“ von der Gestapo unter Hausarrest gestellt und gedrängt worden, die bedeutende Kunstsammlung der Familie Gutmann herauszugeben. Friedrich Gutmann jedoch weigerte sich beharrlich. Daraufhin drohte man ihm mit der Deportation in ein Konzentrationslager. Währenddessen versuchte Lili mit Hilfe ihres Onkels, dem italienischen Diplomaten Luca Orsini-Baroni, ihren Eltern die Ausreise nach Italien zu ermöglichen. Orsini-Baroni wurde deswegen sogar bei Mussolini vorstellig. Alle Bemühungen waren jedoch vergeblich. Friedrich und Louise Gutmann wurden im Mai 1943 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Im April 1944 kam Friedrich Gutmann dort ums Leben. Louise Gutmann wurde nach Auschwitz gebracht und dort im Juli 1944 ermordet.

Nach dem Krieg begann Lili Gutmann eine Laufbahn als Journalistin. Sie arbeitete in Mailand für eine holländische Zeitung und war lange Jahre Präsidentin der Vereinigung der Auslandspresse (Associazione Stampa Estera Milano). Nach der Scheidung von ihrem ersten Ehemann Franco Bosi heiratete sie in zweiter Ehe den Griechen Jean Spyros Collas. Sie übersiedelte nach Athen und lebte dort zehn Jahre. Nach dem Tod ihres zweiten Mannes im Jahr 1985 kehrte sie wieder nach Florenz zurück, um in der Nähe ihrer drei Kinder zu sein.

Einen Großteil ihres Lebens verbrachte Lili Gutmann zusammen mit ihrem Bruder Bernhard und später mit Hilfe von dessen Söhnen Nick und Simon Goodman mit der Suche nach den von den Nationalsozialisten geraubten Kunstschätzen der Familie Gutmann. Sie konnte dabei Erfolge erringen, große Teile der umfangreichen Kunstsammlung wurden an die Familie zurückgegeben.

Lili Gutmann hat die Arbeit der Eugen-Gutmann-Gesellschaft seit der Gründung mit Engagement begleitet und viele wertvolle Anregungen und Hinweise zur Geschichte der Familie Gutmann gegeben. Von Anfang an waren sie und ihre Familienangehörigen zu Ehrenmitgliedern ernannt worden und vor allem Lili Gutmann erschien noch bis vor einigen Jahren regelmäßig zu den Mitgliederversammlungen und Vortragsveranstaltungen unserer Gesellschaft.

Ungebrochen von den Katastrophen des 20. Jahrhunderts war Lili Gutmann bis ins hohe Alter von großer Spannkraft und geistiger Frische. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit.

7.4.2020 / KL

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